Kritik an dem Vertrag der griechischen Regierung mit der Führung der Eurozone von Mitgliedern des Syriza-ZKs

Nein zu diesem Schandvertrag !

Von Stathis Kouvelakis und Dimitris Belantis Mitglieder im Syriza ZK.

Offener Brief an die LINKE

Liebe GenossInnen,
Wir wollen Euch und die Partei “Die Linke” über den Inhalt des
provisorischen Vertrags zwischen der griechischen Regierung und der
Führung der Eurozone am 20.2015 informieren – zumindest darüber, wie wir
ihn gelesen haben. Gleichzeitig wollen wir Euch eine kurze Einschätzung
des Inhaltes der Reformliste geben, die unser Finanzminister Gianis
Varoufakis an die Eurogruppe geschickt hat.
Beide Texte entsprechen nicht den wichtigsten Punkten unseres
Wahlprogramms. Schlimmer noch: Die wichtigsten Punkte unseres Programms
werden dadurch praktisch außer Geltung gesetzt.
An dieser Stelle können wir Euch nur einige wenige Beispiele geben. Der
Anstieg des Mindestlohnes auf 750 Euro wird nicht kurzfristig von
unserem Parlament “einseitig” durchgesetzt werden können. Er kann
höchstens eine langfristige Perspektive werden, die unter dem Vorbehalt
steht, dass er die Wettbewerbsfähigkeit des Landes in der
internationalen Konkurrenz (“competitivness”) nicht schwächt.
Die schon vollendeten Privatisierungen bleiben in Kraft. Diejenigen bei
denen das Verfahren noch läuft, soll der Prozess unter „Beachtung der
Legalität” abgeschlossen werden. Eine prinzipiell ablehnende Haltung zu
den Privatisierungen kann man in dem Text an keiner Stelle finden.
Stattdessen behauptet der Text, dass die „Modernisierung” des Systems
der sozialen Sicherung weitergeführt wird. Diese „Modernisierung“
bedeutete in der Vergangenheit immer Sozialabbau.
Im Rahmen des Vertrages liegt die Kontrolle über die Finanzierung des
Gesundheitssystems in den Händen ausländischer ausländischer
„Institutionen“, darunter auch die OECD. Die wesentliche Kernforderung
des Wahlprogrammes von SYRIZA – nämlich Steuererleichterungen für
Lohnabhängige und keine Steuer auf Einkommen unter 12.000 Euro wird
auf unbestimmte Zeit verschoben.
Fast kein Gesetzesentwurf kann ohne Einverständnis der Troika, die jetzt
zu “den Institutionen” umgetauft wurden und ohne finanzielle
Ausgleichsmaßnahmen eingeführt werden.
Auch die Maßnahmen für die Lösung der humanitären Krise dürfen keine
negativen finanzpolitischen Konsequenzen haben.
Wir möchten betonen, dass die Verlängerung des Finanzierungsvertrags von
2012 für vier Monate politisch und juristisch ohne die Einhaltung der
Memoranden mit alle ihren juristischen Konsequenzen unmöglich ist. Den
Finanzierungsvertrag von den Memoranden zu trennen ist einfach
unmöglich. Dies bedeutet, dass die Memoranden und ihre Anwendungsgesetze
im wesentlichen ihre Geltung behalten.
Die Skepsis und Ablehnung gegen diesen neuen Vertrag wurden auch in der
Sitzung der Fraktion von SYRIZA am Mittwoch den 25. Februar deutlich zum
Ausdruck gebracht. 70 Mitglieder der Fraktion stimmten in einer
Probeabstimmung für den Vertrag, 40 Abgeordnete stimmten gegen den
Vertrag und 30 Abgeordnete nahmen an den Abstimmung nicht teil.
Auch die neue Präsidentin des Parlaments stimmte gegen den Vertrag.
Während des Wochenendes findet eine Sitzung des Zentralkomitees von
SYRIZA statt, in der über den Vertrag und die von der griechischen
Regierung vorgelegte Reformliste entschieden wird.
Für uns steht fest, dass die Ratifizierung dieses Vertrages durch
europäische Parlamente unter Zustimmung der Parteien der Linken den
griechischen Lohnabhängigen und dem griechischem Volk nicht nützlich
sein kann.
Die Solidarität zwischen den linken Parteien und Formationen in Europa
und die notwendige Unterstützung der Regierung von SYRIZA muss aus
unserer Sicht einer wichtigen Bedingung unterliegen: Dass sie die
Memorandumspolitik hinter sich lässt und den Neoliberalismus praktisch
und nicht nur durch Worte und Kommunikationstricks bekämpft.
Angesichts dieser Situation stellt sich die Frage, welche Position die
LINKE im Bundestag einnehmen sollte Unserer Meinung nach ermöglicht man
der griechischen Linken und im besonderem SYRIZA die Chance, sein
Programm zu verwirklichen, wenn man gegen diesen Vertrag stimmt. Ein
„Ja“ hingegen öffnet den Weg in eine Welt der falschen Illusionen.

Dimitris Belantis, Rechtsanwalt-Dr jur, Mitglied des ZK von Syriza

Stathis Kouvelakis, Professor an der Universitaet, King’s College
London, Mitglied der ZK von Syriza

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